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Wanderung über das Lattengebirge
Mehr als eine Gipfeltour
Das Lattengebirge bildet den nördlichen Abschluss der Berchtesgadener Alpen. Der höchste Gipfel ist der Karkopf (1.738 m), der bekannteste der Predigtstuhl (1.613 m) mit dem Berghotel. Wer einmal quer übers Lattengebirge wandert, trifft außerdem auf die schlafende Hexe und die versteinerte Dirn und schwebt mit der Predigtstuhlbahn, der „Grande Dame der Alpen“, zurück ins Tal. Kathrin, Petra und Daniel von der Bergschule Predigtstuhl waren für uns unterwegs.
Karkopf, Hochschlegel, Predigtstuhl
Durch die Baumspitzen blitzt hier und da schon blauer Himmel. Sonnenstrahlen lassen helle Flecken auf dem weichen Waldboden tanzen. Der Wetterbericht hat Föhn gemeldet. Er soll noch am Vormittag die morgendliche Wolkendecke aufreißen und beste Bergsicht bringen. Perfekt für unsere Wanderung, die wir am Wanderparkplatz in Hallthurm starten. Das zweite Auto haben wir an der Talstation der Predigtstuhlbahn stehen.
Der vor uns liegende Weg führt uns über den Karkopf (1.739m), den Hochschlegel (1.688m) bis zum Predigtstuhl (1.613m), einmal hinüber übers Lattengebirge. 9,5 Kilometer zählt die leichte bis mittelschwere Tour und 1.150 Höhenmeter. Man sollte schon gute Kondition und Ausdauer mitbringen.
Das Wahrzeichen des Lattengebirges: Die Steinerne Agnes
Anfangs geht es durch stetig ansteigenden Bergwald dahin, bis zu den Rotöfen beziehungsweise den Rotofentürmen. Es gibt den Vorderen, den Mittleren, und den Hinteren Rotofen. Vom Tal aus betrachtet sehen die Gipfel aus wie das Profil einer liegenden alten Frau, man nennt sie deswegen auch „Schlafende Hexe“.
Von hier aus folgt eine lange Querung, die mal etwas bergauf, mal bergab am Berghang verläuft. Gen Süden reihen sich die Stars der Berchtesgadener Alpen auf: Hoher Göll, Watzmann, Hochkalter mit dem Blaueisgletscher. Die Watzmannostwand gehört zu den anspruchsvollsten Felswänden der Alpen, dort sind schon mehr Bergsteiger verunglückt als am Eiger. Dabei wirkt der „König Watzmann“ aus unserer Perspektive gerade recht harmlos.
Unterhalb der „Steinernen Agnes“ ist Pause angesagt. Um diese bizarre Felsformation ranken sich zwei Sagen. Die eine erzählt, dass es sich um eine versteinerte, gottesfürchtige und keusche Sennerin handelt. Um sie vor den Nachstellungen des Teufels zu schützen, wurde sie in Stein verwandelt. Nach einer anderen Überlieferung war Agnes ganz das Gegenteil, nämlich eine Dirne, die ihr eigenes uneheliches Kind tötete und dafür versteinert wurde.
Die Predigtstuhlbahn erspart uns den langen Abstieg
Von der Steinernen Agnes geht es noch mal ein ganzes Stück hinauf bis auf den Karkopf. Der höchste Gipfel im gesamten Lattengebirge liegt genau an der Grenze zwischen den Gemeinden Bayerisch Gmain und Bischofswiesen.
Die Sicht heroben ist genial, ein 360 Grad-Panorama, auch wenn der Himmel nicht so strahlend Föhn-Blau wie versprochen ist. Dafür scheint alles ganz nah, fast wie gemalt: das Steinerne Meer, der Dachstein, die Reiteralpe, der Wilde Kaiser, die Chiemgauer Berge und ganz im Süden der Alpenhauptkamm, die Hohen Tauern, gen Norden das Voralpenland mit dem Chiemsee.
Wir können uns nur schwer von dem wunderbaren Gipfelplateau losreißen. Aber es wartet ja noch ein Gipfelkreuz auf uns: der Hochschlegel. In rund zwölf Minuten sind wir da. Bis Mitte der 1990er Jahre erschloss ein Sessellift den Berg, im Winter herrschte hier Skibetrieb. Die alten Stützen stehen immer noch. Der Hochschlegel ist quasi der Nachbar des Predigtstuhls. In die Mulde dazwischen schmiegt sich die Schlegelalm.
Unser letztes Ziel ist das Predigtstuhlhotel beziehungsweise das Restaurant, gleich neben der Bergstation der Predigtstuhlbahn. Auf der langen Panoramaterrasse im 1930er Jahre-Flair verputzen wir Schnitzel mit bayerischem Kartoffel-Gurkensalat. Das Beste kommt ganz zum Schluss: Statt zu Fuß zurück ins Tal zu steigen, nehmen wir die Bahn. Leise gleiten die zwei achteckigen, verglasten Gondeln dahin. Und das seit 87 Jahren. Die Predigtstuhlbahn ist die älteste, größtenteils im Original erhaltene, ganzjährig verkehrende Großkabinenseilbahn der Welt.
Tourendaten Lattengebirgsüberschreitung: Länge 9,8 Kilometer, Dauer (mit Bergfahrt und Einkehr) circa 5-6 Stunden, Höhenmeter 1.150.